Bürgerdialog am 23. Januar 2025 erfüllt die Erwartung nicht

Obwohl der Haushalt der Stadt Radeberg nicht genehmigt ist und deshalb keine finanziellen Verpflichtungen eingegangen werden dürfen, die nicht gesetzlich oder vertraglich zwingend sind, hat der OB externe Firmen mit der Durchführung der Informationsveranstaltung beauftragt.

Dem Anspruch des angekündigten Dialogs mit den Bürgern hat die Veranstaltung leider nicht ansatzweise entsprochen. Nach langen Vorträgen ohne die Informationen, die die Bürger für ihre Entscheidung brauchen, konnten nur wenig Fragen gestellt werden. Auf konkrete und belastbare Antworten oder sogar ein Angebot für einen fortführenden Dialog warteten die Bürger vergeblich. Vielmehr wurden die bekannten Aussagen erneut wiederholt, dass im „Verfahren“ alles geklärt würde.

Neue Informationen

Einzig neue Informationen waren: der Antrag auf Zielabweichung vom Regionalplan für das Gewerbegebiet Nr. 82 an der Stolpener Str. ist mit der Auflage eines Bodenschutzkonzepts genehmigt worden. Für das zweite Gewerbegebiet Nr. 83 wurde noch kein Antrag auf Zielabweichung gestellt. Fördermittel gibt es bis jetzt nur für das Bebauungsplanverfahren Nr. 82. Wenn Arnsdorf aus der Entwicklung der Gewerbegebiete aussteigt, würde das Gewerbegebiet Nr. 83 von Radeberg nicht weiterverfolgt werden.

OB legt sich bei der geplanten Ausrichtung der Gewerbegebiete – INdustrie oder gewerbe – nicht fest

Der Beauftragte für Großansiedlungen des Freistaates Sachsen hatte in der Infoveranstaltung am 7. März 2024 neue großflächige Gewerbegebiete in Radeberg gefordert, weil Flächen für große Industrieansiedlungen im Speckgürtel von Dresden gebraucht werden. Dieses Ziel ist nach Aussage des OB heute nicht mehr relevant. Gleichzeitig legt er sich aber nicht fest, ob die Stadt für kleinere und mittlere gewerbliche oder für große industrielle Nutzungen planen wird. Nach Aussage des OB soll dies erst noch durch den Stadtrat entschieden werden.

keine interessenten aus der Halbleiterindustrie

Zur Frage nach Investoren erklärt der OB, dass er in seiner Amtszeit nur eine interne Liste mit 30 Interessenbekundungen gesammelt hat, die Nachfragen für Flächen zwischen 280 m² bis max. 7 ha umfassen:
– zu Aktualität und Ernsthaftigkeit dieser Interessenbekundungen sagt er nichts
– dass einige Branchen, die angefragt haben (u. a. Gastronomie, Outletstores) nach Baunutzungsverordnung in Gewerbegebieten gar nicht zulässig sind, erwähnt er nicht
Anfragen aus der Halbleiterindustrie und ihrer Zulieferer für eine Ansiedlung in Radeberg gibt es nach seiner und der Aussage von Herrn Bösenberg (Silicon Saxony) bis heute nicht.

Wenig überzeugend als Begründung für große Gewerbegebietsflächen war auch der Vortrag des vorgestellten Investors, der mangels Flächenangebot von Radeberg nun in Wachau bauen will. Er berichtet, dass er mit seinem Start Up Unternehmen zunächst eine Akademie in Form einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH) gründen wird. Später soll eine Fabrikhalle errichtet werden.  In welchem Umfang die Gemeinde Wachau mit Gewerbesteuereinnahmen rechnen kann, bleibt aber unklar.

Keine ideen für die entwicklickung der gewerblichen brachflächen

Auf die Nachfrage, warum die brachliegenden Gewerbeflächen im Stadtgebiet nicht revitalisiert werden, erläutert der OB nur, warum das alles nicht geht. Hier lohnt es sich wohl, sich tiefgründiger mit der Revitalisierung auseinander zu setzen. Schade war auch, dass der Einwand eines sachverständigen Bürgers nicht mehr Beachtung fand. Er hatte vor einer Versiegelung an dieser Stelle gewarnt und erläutert, wie wichtig die hohe Wasserspeicherfähigkeit der Ackerböden bei heftigen Niederschlägen für Radeberg ist, die bei einer Bebauung verloren geht. Dadurch kann die Hochwassergefahr im Rödertal steigen.

kein plan, wie die erschließungskosten finanziert werden sollen

Der OB lehnt es ausdrücklich ab, sich Gedanken über die Finanzierung der Erschließung zu machen.
Ausführlich berichtet er, dass Radeberg nicht genügend Geld für Pflicht- und freiwillige Aufgaben hat; Wichtige Vorhaben wie einen neuen Spielplatz und die Sanierung von Sportanlagen können aktuell nicht finanziert werden. Die geplante Einsparung von 4,3 Mrd. EUR im Haushalt des Freistaates Sachsen wird dazu führen, dass weniger Fördermittel ausgereicht werden. Wie die Gewerbegebiete bei fehlenden Eigen- und Fördermitteln einerseits und hohen Erschließungskosten entwickelt werden können, ist durch diese Erläuterungen noch unklarer.

gewerbesteuereinnahmen bleiben mit dem aktuellen kenntnisstand nur eine hoffnung

Woher die Sicherheit kommt, dass die beiden Gewerbegebiete tatsächlich zu mehr Gewerbesteuern führen, blieb auch nach den Vorträgen der eingeladenen Gäste im Nebel.

fragestellung des ratsentscheides sorgt nicht für die versprochene transparenz

Der Beschluss zur Durchführung eines Ratsentscheides soll für Transparenz sorgen. Der OB bestätigte aber selbst, dass die Fragestellung nur schwer verständlich ist. Sie wäre aber juristisch geprüft und würde einem Rechtsstreit standhalten. Damit wird erneut deutlich, dass leider nicht das Verständnis zum Sachverhalt und Transparenz im Vordergrund stehen.

Der OB zeigte in einer Präsentation, dass ein NEIN zur Frage des Ratsentscheids zur Beendigung der Planung beider Gewerbegebiete führen wird und konnte zumindest hier aufklären, wie die Fragestellung zu verstehen ist.

kritische Bürger lehnen gewerbegebiete nicht grundsätzlich ab – aber an dieser stelle und in dieser größe

Die Argumentation der von der Stadt geladenen Gäste, eine Ablehnung DIESER Gewerbegebiete verursache ein negatives Image für Radeberg und Sachsen führt zu unnützer Polarisierung. Die Stadträtin Frau Dr. Junghanß hatte es auf den Punkt gebracht: Niemand hat etwas gegen die Entwicklung neuer Gewerbeflächen. Viele Bürger sehen nur die Notwendigkeit solcher großen Gebiete und an dieser Stelle nicht als sinnvoll an.